Fantastische Reise by Henning Hallwachs

Fantastische Reise by Henning Hallwachs

Autor:Henning Hallwachs [Hallwachs, Henning]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Books on Demand GmbH
veröffentlicht: 2015-09-27T16:00:00+00:00


In der Moskauer Metro

Ihr nächstes Ziel verriet die Kugel und das „Klicke di Klack“ brachte sie hin, in die Moskauer Metro zur Station Majakowskaja. Sie dachten, sie seien in einem Palast, Marmor und Mosaike in allen Farben, wohin sie auch schauten. Von schlanken Stahlsäulen getragene Wandelhallen, Sälen gleich. Sie konnten gar nicht glauben, auf einem U-Bahnhof 33 Meter unter der Erde zu sein.

In einer Nische entdeckten sie eine alte Frau, in Russland Babuschka, Großmütterchen, genannt. Sie trug ein grobes Tuch, das ihren kleinen Kopf fast vollständig verhüllte und hatte viel Angst, entdeckt zu werden, denn sie trieb bescheidenen, äußerst bescheidenen Schwarzhandel. Sie hockte auf dem Boden und beschützte mit weit vorgebeugtem Oberkörper ihre ärmlichen Habseligkeiten, die sie auf einer Matte vor sich ausgebreitet hatte: zwei Matrjoschkas11, eine aus drei, die andere aus sechs abgegriffenen Figuren bestehend, drei ganz ansehnliche Kästchen, die vermutlich ihre Enkel geschnitzt hatten, mehrere selbst gestrickte Mützen und einen indigofarbenen, dunkelblauen Kegel.

Stephan hockte sich vor die Alte und griff nach dem Kegel, da rollte der zur Seite weg. Stephan griff dorthin, da rollte der zurück. Und wieder versuchte Stephan ihn zu ergreifen, da rollte der durch Stephans Beine durch bis zur Mitte der Wandelhalle. Stephan hinterher und wie er den Kegel erreichte, da rollte der weiter.

Stephan erinnerte sich an den üblen Streich mit dem Portemonnaie an einer Strippe, den gemeine Leute lustig finden. Wann immer sich jemand nach dem Portemonnaie bückte, zog man es ihm vor der Nase weg. Er sah aber keine Strippe, keine Faden, an dem der Indigofarbene hing. Stephan hatte trotzdem keine Chance. Der Kegel entwischte ihm, ließ sich nicht packen. Stephan geriet außer Atem. Sie entfernten sich immer weiter fort von der Babuschka.

Die fing an zu schimpfen, sich um ihren Kegel, um seine Bezahlung Sorgen zu machen. Natürlich konnte sie nur halblaut zetern, denn sie durfte keinesfalls die Polizei auf sich aufmerksam machen. Stephanie wünschte sich, da sie nicht wusste, was ein russischer Rubel wert ist, lieber ein paar mehr Scheine und ließ schnell die Kugel an einen Kegel stoßen. Das schon bekannte kleine „Klicke di Klack“ für Finanztransaktionen erklang und sie hatte vierzig Fünftausendrubelscheine12 in der Hand, die sie der Alten anbot.

Die bekam talergroße Augen, starrte das Geld ungläubig an und war nicht fähig zuzugreifen. Stephanie sah sie auffordernd an, nickte ihr zu und wedelte mit den Scheinen. Da fiel die Erstarrung von der Alten ab. Mit der einen Hand grapschte sie sich das Bündel Rubel, mit der anderen ihre Habseligkeiten und machte, dass sie fort kam. Stephanie hätte nie gedacht, dass eine so alte Frau so schnell rennen kann.

Stephan war immer noch hinter dem Indigofarbenen her, immer noch spielte der mit Stephan Katz und Maus. Sie waren auf dem Bahnsteig angekommen. Dort stand abfahrbereit ein Zug. Stephan ahnte Schlimmes. Mit einem olympiareifen Satz sprang er dem Kegel nach und erwischte ihn – endlich. Eine Sekunde später wäre der sonst in die gerade abfahrende U-Bahn gerollt und weg gewesen. So landete er in der Reisetasche, die sich dehnte und streckte, um ihm Platz zu schaffen.



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